Durch den englischen Kanal in die Nordsee

Sturmtief – Trog – Tiefdrucksystem – Trog usw.

Bei unserer Passage durch den englischen Kanal herrschte durchgehend eine Westwindlage. Soweit die gute Nachricht. Schwierig wurde es aber dadurch, dass moderate Windstärken dabei eher die Ausnahme als die Regel waren. Es gab eher so etwas wie Sturmtief – Trog – Tiefdrucksystem – Trog usw.. Ein genaues Beobachten der Wetterlage war also notwendig, wobei sich zeigte, dass oft sogar die Vorhersage für den nächsten Tag bereits schon ziemlich daneben lag. Schwierig!

Diese ungünstigen Randbedingungen hatten einen erheblichen Einfluss auf unsere Törnplanung zurück in den Norden. Großartige Umwege – etwa zu den Scilly-Islands oder sogar noch weiter in die Irische See und durch Schottland – verkniffen wir uns. Auch auf Nachtfahrten verzichteten wir, da uns die stabilen Wetterfenster dafür zu klein erschienen. Wir machten also die Strecke ausschließlich in Tagesetappen und mussten dabei aufpassen, dass wir in einem sicheren Hafen und dort an einem sicheren Platz lagen, bevor wieder einmal Starkwind oder gar Sturm drohte.

Nachdem die ersten Stationen in der Nordbretagne mit L’Aber Wrach, Roscoff und Trebeurden noch wettermäßig unauffällig verliefen, hatten wir in Treguier dann unseren ersten längeren Zwangsstopp. Allerdings merkte man am Liegeplatz so gut wie gar nichts vom Starkwind. Denn Treguier liegt recht weit im Inland. Es ist durch eine knapp 7 Seemeilen lange Fahrt auf einem Fluss erreichbar, der sich idyllisch und immer enger werdend durch die Landschaft windet. Darüber hinaus sind am Hafen die Ufer auf beiden Seiten so hoch, dass zusätzlicher Windschutz besteht. Spannend ist, dass die Hafenmeister verschärft darauf hinweisen, dass ein An- und Ablegen nur gegen die Strömung erfolgen darf, um nicht auf dem Steg zu landen. Wir schafften es idealerweise kurz vor dem Hochwasser anzukommen und wir erlebten die wirklich starke Strömung also erst, als wir schon gut festgemacht hatten.

Treguier: Basilika Saint Tugdual

Treguier: Friedhof

Treguier: Friedhof im Zentrum

Treguier: am Marktplatz

Treguier: Am Marktplatz

Bei Treguier: Maison du Gouffre

Bei Treguier: Aqueduc sur le Guindy

Nach dieser Starkwindphase sollte es von Treguier nach Saint Peter Port auf Guernsey gehen. Zwingend zu beachten ist dabei, dass der Start durch den Fluss mit ablaufendem Wasser und dass die Ankunft mit günstiger Nordströmung erfolgt. Diese Zwangspunkte haben allerdings zur Folge, dass der erste Abschnitt auf der offenen See mit einer ungünstigen Strömung einhergeht. Da noch immer eine nennenswerte Dünung stand, führte dieses zu ziemlich konfusen unangenehmen Wellen. Erst als die Strömung günstig kippte und wir endlich schneller vorankamen, wurde es angenehmer. Das Timing passte dann doch perfekt. Wir kamen in Saint Peter Port an als schon ausreichend viel Wasser über dem Wehr zum Innenhafen stand. Ein Hafenmeister kam mit seinem Dinghi entgegen und leitete uns tatsächlich zu einem tollen Liegeplatz längsseits im Innenhafen, der Victoria Marina. Prima, denn dort liegt man sehr viel ruhiger als im offenen Außenhafen.

Guernsey war ein Wunschziel, was wir nun gerne etwas länger besuchen wollten. Denn unsere beiden bisherigen Aufenthalte hier waren nur kurz gewesen und wir hatten noch nichts von der Insel gesehen. Und es hat sich gelohnt. Busfahrten sind günstig und die Buslinien erstrecken sich in alle Ecken. Das haben wir genutzt, um Wanderungen an der Westküste bei Vazon Bay und entlang der Süd- und Ostküste auf dem Coastal Path zu unternehmen. Wirklich schöne Landschaften mit steilen Klippen und dazwischen liegenden Sandstränden aber auch Wachtürmen und Bunkeranlagen.

Guernsey: Fort Hommet, Vazon Bay

Guernsey: Fort Hommet, Vazon Bay

Guernsey: Vazon Bay

Guernsey: Vazon Bay

Guernsey: Coastal Path

Guernsey: Coastal Path

Unsere Zeit auf Guernsey war zwar ausreichend lang, um einen guten Eindruck zu bekommen, aber dann doch etwas kürzer als gewünscht. Denn es drohte wieder eine Starkwindphase, die wir nicht hier sondern lieber im geschützten Hafen von Cherbourg verbringen wollten. Um dorthin zu kommen, war wieder genaue Tidenplanung erforderlich, denn es treten im Alderney Race Strömungsgeschwindigkeiten von bis zu 8 Knoten auf. Diese Strömungsverhältnisse verlangen, dass man in Saint Peter Port ungefähr 4 Stunden vor lokalem Hochwasser starten muss, um möglichst gut nordwärts durch das Race zu kommen. Dann ist in der Victoria Marina aber noch nicht genügend Wasser über dem Wehr, um auslaufen zu können. Daher mussten wir die letzte Nachte dann doch wieder im Außenhafen verbringen, um am nächsten Morgen um halb sechs starten zu können.

Guernsey: Hafeneinfahrt Victoria Marina bei Niedrigwasser

Guernsey: Hafeneinfahrt Victoria Marina - die Flut kommt

Der Wind war leider zu schwach und der Zeitdruck wegen der Strömungssituation unerbittlich, dass wir deshalb den Abschnitt bis zum Cap de la Hague komplett motoren mussten. Zu Beginn hatten wir wie geplant noch eine leichte Gegenströmung, dann wurden wir nach und nach immer mehr mitgerissen und schließlich am Cap de la Hague mit über 10 Knoten über Grund ausgespuckt. Es ist beeindruckend, wie sich hier die Wassermassen insbesondere bei Springflut bewegen und die einzige Chance darin besteht, sich mit der Strömung möglichst kontrolliert mitnehmen zu lassen.

Dann gönnten wir uns noch eine kleine Segelstrecke von 8 Seemeilen und machten für die nächsten Starkwindtage in einer sicheren Box in Cherbourg fest, obwohl wir dort eigentlich nicht schon wieder länger bleiben wollten. Unser nächster Hafen war dann Le Havre, den wir nach einer Tagesstrecke von über 70 Seemeilen erreichten. Positiv fiel auf diesem Seestück auf, dass die Welle endlich durch den Schutz der Halbinsel Cotentin nun deutlich niedriger war. Der Gästesteg bot viele freie Plätze und einen sehr langen Weg zum Land. Wir erkundeten dort die spezielle, interessante Architektur der Innenstadt, die nach dem zweiten Weltkrieg komplett neugestaltet aufgebaut worden war, und verbrachten einen Tag im sehenswerten botanischen Garten oberhalb der Stadt.

auf dem Weg nach Le Havre

Le Havre: Kunst im botanischen Garten

Le Havre: Kunst im botanischen Garten

Le Havre: Kunst im botanischen Garten

Le Havre: Kunst im botanischen Garten

Le Havre: Eglise St-Josef

Le Havre: Eglise St-Josef

Le Havre: Kunst am Hafen

Le Havre: Kunst am Hafen

Le Havre: Kunst am Hafen

Weiter ging es dann nach Dieppe. Vormittags hatten wir noch einen sehr schönen Segelwind. Wir waren zunächst entlang der Steilküste am Wind unterwegs und mit einem kleinen Kreuzschlag am Ölverladehafen von Antifer vorbei. Dann schlief der Wind ein und wir dachten schon darüber nach, den nahen Hafen von Fecamp anzulaufen. Haben wir aber dann doch nicht gemacht und wir konnten den Motor zum Glück schnell wieder ausschalten, da wieder (fast zu viel) Wind einsetzte, den eine Schauerfront mit sich brachte. Nun ging es rasanter als zu erwarten war doch nach Dieppe. Kurz vor ihrem Feierabend nahm uns die Hafencrew in Empfang und wir bekamen noch eine der letzten Boxen im Bereich der Arbeitsboote zugewiesen. Am nächsten Tag blies es immer noch, sogar stärker, und wir blieben gerne einen weiteren Tag, auch wenn es langsam etwas schwellig wurde.

Dieppe: unser Liegeplatz

Dieppe: Burg und Strand

Als wir dann nach Boulogne-sur-Mer aufbrachen, herrschte immer noch recht starker Westwind. Die Strecke von 55 Seemeilen legten wir demzufolge recht schnell in unter 9 Stunden zurück. Kritisch waren erst die konfusen Wellen in der Ansteuerung der Hafeneinfahrt, das Bergen der Segel im Vorhafen und insbesondere das Anlegen. Denn es wurde gerade Wasser aus dem Speicherbecken abgelassen, was ein blöde Strömung verursachte. Drei nette Menschen versuchten gemeinsam unser Boot an den Steg zu ziehen und schafften es schließlich gegen die Strömung anzukommen. Danach haben wir nicht einmal mehr den Hafen verlassen und am nächsten Morgen ging es früh weiter. Denn es drohte wieder eine Starkwindphase, die wir nicht hier sondern im geschützten Hafen von Dunkerque verbringen wollten.

Bis zum Cap Gris-Nez war es eine entspannte Motorfahrt und danach eine tolle Segelfahrt. Da wir in Dunkerque länger bleiben wollten/mussten, bekamen wir glücklicherweise eine Box zugewiesen, neben einem Schlauchboot. MARRETJE wurde wieder falsch eingeschätzt und war 1 bis 2 Meter länger als jedes andere Boot in der Gasse. Aber die Box lag immerhin perfekt gegen die Richtung des Sturms, der uns die nächsten Tage beschäftigen sollte, bevor es raus aus Frankreich und weiter nach Zeebrugge ging.

Bei Dunkerque: Batterie de Leffrinckoude

Bei Dunkerque: Batterie de Leffrinckoude

Bei Dunkerque: Batterie de Leffrinckoude

Dunkerque: am Yachthafen

Dunkerque: am Yachthafen

Dunkerque: am Yachthafen

Dunkerque: am Yachthafen

Dunkerque: am Yachthafen

Der englische Kanal lag nun hinter uns und die Nordsee war erreicht. Hinter uns lagen leider noch nicht die Wetterverhältnisse: Sturmtief – Trog – Tiefdrucksystem – Trog usw.. Aber dazu später mehr.

NAUTI NYMPH

Die NAUTI NYMPH, eine First 345 aus Holland, lag abends neben uns im Päckchen, als wir im Innenhafen von Saint Peter Port waren. Sie wollten am selben Tag wie wir weiter nach Cherbourg. Daher: nachmittags nach einander ablegen im Innenhafen, nach einander zur Bootstankstelle fahren, nach einander anlegen im Außenhafen und zwar, so dass jetzt wir im gemeinsamen Päckchen außen lagen und schließlich am nächsten Morgen ziemlich früh nach einander ablegen in Richtung Alderney Race.

In Cherbourg trafen wir uns dann wieder und wir lernten uns genauer kennen. Loes und Joss sind im ersten Jahr in ihrer Rentenzeit und konnten endlich länger mit dem Boot unterwegs sein. Sie waren im Frühjahr von Holland in die Südbretagne gesegelt und sind nun auf dem Rückweg. Es ergab sich dann, dass sie unsere lieben neuen Weggefährten wurden und wir die gesamten weiteren Streckenabschnitte bis Schevenningen gemeinsam zurücklegten.

Das war zum einen motivierend in Bezug auf das Segeln und den Reisefortschritt aber zum anderen auch sehr nett bei gemeinsamen Aktivitäten an Land. Loes hat eine große Leidenschaft für das Kochen und viele Kochbücher an Bord, in denen sie immer neue Anregungen suchte. Und so entwickelte es sich, dass wir uns mehrmals gegenseitig bekochten, wenn ein Hafentag anstand. Wir hatten fantastische Essen. Immer mit mehreren Gängen und mit guten Produkten vom regionalen Markt.

Es war eine sehr tolle gemeinsamen Zeit.

Joss und Loes bei der Vorspeise

Regina und Bernd bei der Vorspeise

Joss und Loes beim Hauptgericht

Im Café am Markt in Dunkerque

Abschied von Loes und Joss in Schevenningen

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