Doch noch mal eben Südengland

Die Bretagne ist wirklich wunderschön. Trotzdem beschließen wir den angekündigten Westwind zu nutzen, um mal eben kurz nach Südengland zu springen. Auf dem Hinweg sind wir ja die französische Küste und die Kanalinseln entlang gesegelt und irgendwie fehlt uns der Besuch in England also noch. Den letzten Tag in Camaret-sur-Mer verbringen wir mit noch mal eben gut Essen gehen und einem Spaziergang an der Küste.

Gestrandete Fischkutter in Camaret-sur-Mer

Bunkeranlagen auf unserem Spaziergang

Felsen bei Camaret-sur-Mer

Typische Boote in Camaret-sur-Mer

Das Ablegen erfolgt erst gegen Mittag, da der Strom im Chenal du Four, der sich zwischen der Ile d'Oussant und dem bretonischen Festland befindet, erst am frühen Nachmittag nordwärts setzt. Gegen den Strom kann man hier halt nicht viel ausrichten. Nach zwei Kreuzschlägen - der Westwind ist tatsächlich da - erreichen wir gegen 14:00 den Pointe de St Mathieu und sausen Richtung englischen Kanal. Ab da kommt die Strömung von der Seite - mal von links, mal von rechts. Der schnellste Weg nach drüben ist also eine wohl überlegte Schlangenlinie.

Einfahrt in den Chenal du Four

Die Hauptschwierigkeit bei dieser Passage nordwärts über den englischen Kanal besteht aber darin, dass der Hauptverkehrsweg der Berufsschifffahrt zwischen dem Atlantik und Nordeuropa gequert werden muss. Und da ist extrem viel los. Den Track nach Osten erreichen wir gegen Mitternacht. Es sind einzelne Frachter mit größerem Abstand. Es genügt einem der Frachter auszuweichen und hinter ihm zu passieren bevor der nächste uns kritisch nahe kommen kann.
Auf dem Zwischenstück zum westgehenden Frachtverkehr tummeln sich zu unserer Überraschung mehrere Dutzend Fischtrawler. Wenn die Netze im Wasser sind, geht es mit langsamen 2 bis 3 Knoten voran. Dabei meistens quer zu unserem Weg entsprechend der Strömung. Ansonsten können sie plötzlich bis zu 10 Knoten schnell werden und den Kurs spontan ändern. Sehr anstrengend dieses im Auge zu behalten. Daher bleiben wir auch beide wach in dieser Nacht.
Auf der anderen Seite der Fahrbahn haben sich die Frachter in 3 Gruppen aus 4 bis 8 Schiffen zusammengefunden. Die erste dieser Gruppen ist deutlich vor uns durch. In der zweiten Gruppe ist ein Schiff deutlich langsamer und fällt zurück. Wir müssen vor diesem Frachter durchfahren damit wir nicht auch noch den schnellen Frachtern der dritten Gruppe ausweichen müssen. Es klappt ganz gut, ist aber mit viel Anspannung verbunden.
Auf dem weiteren Weg begegnen wir noch vereinzelten Frachtern, Fähren und Fischern, die die englische Küste entlang fahren, und erreichen am Nachmittag die Einfahrt vom Plymouth. Es ist ein riesiger natürlicher Hafen, der durch eine Mole mit zwei Einfahrten geschützt wird. Es gibt hier mehrere Sportboothäfen und wir entscheiden uns für die Mayflower Marina. Dort werden wir von 2 Marineros in empfang genommen und erhalten einen super Liegeplatz.

Hafeneinfahrt von Plymouth

um die Drake Island herum

Royal William Kaserne - umgewandelte Militäranlagen bei unserem Liegeplatz

Am nächsten Tag unternehmen wir einen Spaziergang durch Plymouth auf dem Küstenwanderweg. Es findet sich viel militärische Tradition, zum Teil noch als solche genutzt und zum Teil schon zu zivilen Zwecken umgebaut. Im Zentrum, dass im zweiten Weltkrieg weitgehend ausgebombt worden war, dann ein Mix aus restaurierten historischen Bauten und moderner Nachkriegsarchitektur, die sehr nüchtern wirkt.

Küstenlinie von Plymouth

britischer Sport wie zu Lord Nelsons Zeiten

Alter Leuchturm auf im Hoe-Park mit Blick über den Hafen

im Restaurantviertel Barbican

Historische Gebäude: Guildhall, St Andrew Church

Weniger historische Gebäude an der Royal Parade

Zerstörte Charles Cross Church als Verkehrsinsel

Charles Cross Church

Eingang zur Charles Cross Church

Nachdem sich der starke Ostwind gelegt hat, geht es für uns dann weiter von Plymouth in den Dart River. Wir fahren den Fluß hinauf vorbei an Dartmouth bis wir an Mooringsbojen zwischen Dittisham und Greenway festmachen. Cornelia macht uns darauf aufmerksam, dass sich dort das Sommerhaus von Agatha Christy befindet, welches jetzt als Museum besichtigt werden kann. Das machen wir am nächsten Tag. Mit dem Dinghi geht es nach Dittisham, mit der kleinen Personenfähre von Dittisham nach Greenway, dann zu Fuß durch den prächtigen Park und schon stehen wir vor dem schönen weißen Haus, dass einen tollen Blick über den Dart River aufweist. Im Haus dann eine Ansammlung von sicher sehr teurem Trödel, den man entweder schön oder kitschig finden kann. Aber es passt ausgesprochen gut zu der Atmosphäre der Miss Marple Filme.

Dartmouth Caste an der Einfahrt zum Dart River - hier wurden früher Ketten gespannt!

Fähranleger von Dittisham

Agatha Christies Sommerhaus in Greenway

Bitte eintreten und ...

... die spezielle Inneneinrichtung bewundern

Ausblick auf den Dart River von Greenways Parkanlagen

unserer Liegeplatz vor Dittisham

Auch wegen des angekündigten starken Ostwinds wechseln wir den Liegeplatz und gehen an den "deep water pontoon 2" vor Dartmouth. Das ist eine Schwimmbrücke ohne Landverbindung und ohne Strom und Wasser, an dem ca. 15 Boote auf beiden Seiten im Zweierpäckchen liegen können. Quasi eine kleine Insel im Dart River mit netten Nachbarn und mit schönen Ausblicken auf den Ort, die Umgebung und dem Verkehr auf dem Fluss. Hier bleiben wir vier Nächte (bis der starke Ostwind vorbei ist) und fahren ab und zu mit dem Dinghi oder Wassertaxi an Land, um  Besorgungen und Ausflüge zu machen. Die Landschaft ist hügelig und die Vegetation erinnert schon stark an zu Hause.

Historischer Raddampfer

Die Schuttenfähren zwischen Dartmouth und Kingswear

Am Dinghi-Ponton in Kingswear

Regina and the famous Daymark

The Daymark in the Rye

Für den nächsten langen Schlag noch Osten stehen wir früh auf. Morgens um 05:00 geht es erst zum Waste Pontoon, an dem sich auch die Wasserzapfstelle befindet. Wir nehmen Wasser unter Beobachtung von einem Seelöwen, der es sich auf dem benachbarten Fuel Pontoon über Nacht gemütlich gemacht hat.


Seelöwe am Fuel-Pontoon kurz nach Sonnenaufgang

Nachdem wir dann eine Stunde hinaus gemotort sind, setzt prächtiger Westwind ein, der uns am gefürchteten Portland Bill vorbei und bis zum Abend in die Sudland Bay bringt, wo wir in der Nähe von Old Harry and Old Harry's Wife ankern. Das gelingt allerdings erst im dritten Versuch. Weitere 75 Seemeilen sind geschafft, bevor wir uns kurz aufs Ohr legen.

Die Felsen Old Harry and Old Harry's Wife im Abendlicht

Die Felsen Old Harry and Old Harry's Wife im Morgenlicht

Denn die Tide will es so, dass wir wieder gegen 05:00 den Anker aufholen müssen, um bei günstiger Strömung in den Solent einlaufen zu können. Dort bei den berühmten Needles sprudelt das Wasser und wir sausen voran oder werden eingesaugt. Es geht an Yarmouth vorbei und zum Frühstück machen wir in Cowes auf der Isle of Wight fest - einem Mekka für Segler. Während wir im Cockpit frühstücken, werden mit dem Kran eine Regatteryacht nach den nächsten aus dem Wasser geholt, deren Unterwasserschiff (ohne Antifouling) gereinigt und dann an Land geparkt bereit für den nächsten Einsatz. Am Wochenende zuvor hat es das Round the Island Race gegeben, bei dem an die 1500 Boote versuchen, möglichst schnell die 50 Seemeilen um die Insel gegen den Uhrzeigersinn zu umsegeln. Dieses Mal haben nur weniger als 300 Boote das Ziel gesehen. Der Rest hat das Zeitlimit von 24 Stunden nicht geschafft oder vorher aufgegeben. Unvorstellbar der Stress, wenn eine so große Zahl von Booten bei wenig Wind und starker Strömung gemeinsam im Solent herumdümpelt.

Unsere Needles-Passage

Typische Boote in Cowes - es gibt eine neue Nasenspitze

Unser Liegeplatz in Cowes

Unser Tourismusprogramm auf der Isle of White bestand aus einer Busfahrt von Cowes über Newport zur Alum Bay. Diese 1 1/2 stündige Fahrt ist schon ein kleines Abenteuer, da die Straßen auf weiten Strecken so eng sind, dass der Bus regelmäßig durch den Gegenverkehr gestoppt wird und ein rangieren und rückwärtsfahren notwendig wird. Alum Bay bietet einen Parkplatz, einen Vergnügungspark, einen Sessellift zu Strand und Bootstouren mit dem Ziel, die Needles zu besichtigen. Wir schauen uns das Treiben an und wandern dann zurück nach Yarmouth, wo wir wieder in den Bus steigen. Trotz der durch die Wanderung um eine halbe Stunde verkürzten Busfahrt, müssen wir den selben Preis bezahlen. Der Wanderweg hat sich aber ohnehin gelohnt.

Die Needles von Land aus mit Seilbahnstation und Ausflugsboot

Algenteppich bei Yarmouth

Die nächste Segelstrecke von Cowes nach Brighton begann (natürlich) wieder mit dem Sonnenaufgang. Es gab schön segelbaren Ostwind und wir machten einen kleinen Kreuzschlag im Solent, um durch das Tor beim No-Mans-Land-Fort zu gelangen. Der zweite längeren Kreuzschlag führt uns ums Selsey Bill herum. Die letzten 15 Seemeilen gegen die Strömung haben wir dann allerdings doch den Motor mit dazu genommen, da die Einfahrt in die Brighton Marina bei Niedrigwasser plus/minus 2 Stunden nicht möglich ist. Die Einfahrt wird zu flach. Dass dieses ein großes Problem ist, zeigt uns der Bagger, der direkt in der Einfahrt arbeitet und nur eine kleine Lücke frei lässt. Etwa so wie beim Busfahren auf der Isle of Wight sollte jetzt besser kein Gegenverkehr auftauchen und der Nächste nicht zu sehr drängeln. Letzteres passiert leider - vielen Dank an SY P. aus Lelystad.

Bagger in der Hafeneinfahrt der Brighton Marina

Typischer Festlieger in der Brighton Marina

Brighton gilt als das Seebad von London. Es gibt ein paar wenige Sehenswürdigkeiten, die deshalb geschaffen wurden, und einen Kiesstrand, der sich zum Partymachen eignet. Die Marina hat die schöne Steilküste verbaut und bietet in erster Linie vielen Hausbooten und Restaurants Platz. Um unseren Liegeplatz ist ein stätiges Heimwerken zu vernehmen. Es gab auf unserer Reise ungefähr 99 Prozent schönere Häfen, aber die Sanitäranlagen sind super.

Pavillon von Georg IV

Strandansicht mit i-360 Aussichsturm

Brighton Peer (in der Bildmitte) muss man nicht unbedingt näher gesehen haben

Schöne Steilküste ohne Marina davor
Zu guter Letzt:
Warum geht die Gasflasche immer ausgerechnet beim Kochen leer? Diese Frage ist noch leicht zu beantworten. Aber warum passiert dieses in Brighton das erste Mal beim Kochen der Frühstückseier, welche daraufhin total misslingen?
Zu aller guter Letzt:
Wir haben nun herausgefunden, dass in Frankreich und in England sich die Qualität des Essens und die Qualität der Sanitäranlagen in den Marinas umgekehrt proportional zueinander verhalten.

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