April, April: Saisonbeginn fällt ins Wasser wegen einer Osterruhe

 Zur guten Seemannschaft gehört es, sich selbst und das Boot in einem seetauglichen Zustand zu haben, sich über die Besonderheiten des derzeitigen Revieres zu informieren und die aktuelle Wetterentwicklung bei der Törn-Planung mit einzubeziehen. In diesen Tagen kommt leider ein weiterer Aspekt hinzu: wie sehen die aktuell gültigen Regelungen bedingt durch die politischen Entscheidungen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie aus?

Zu Saisonbeginn im letzten Jahr – also in der ersten Corona-Welle – war dieses rückblickend vergleichsweise einfach geregelt. Bis zum dritten Mai 2020 gab es einen allgemeinen Lockdown. Der Saisonbeginn viel daher zunächst komplett ins Wasser, alle Häfen waren gesperrt und sogar der Zutritt zum eigenen Boot am Liegeplatz war verboten. Danach waren die Häfen offen und es war für das Fahrtensegeln im Prinzip alles wieder möglich, wenn nur die allgemein üblichen Kontakt- und Hygieneregeln beachtet worden sind. Letzteres war eine einfache, dauerhafte, eigenverantwortliche und somit gut funktionierende Regelung, die ein Jahr später leider wieder in Vergessenheit geraten war.

Im März 2021 befinden wir uns also in der dritten Corona-Welle und die MP-Konferenz hat bei weiterhin sprunghaft steigenden Infektionszahlen die spontane und irgendwie panische Idee, dem Land eine komplette Osterruhe zu verordnen, die von Gründonnerstag an jegliche Aktivitäten untersagt. Unser Krantermin an eben diesem Donnerstag wäre also ins Wasser gefallen. Kurz danach fällt der Politik auf, dass dieser Plan nicht realisierbar ist. Nun fällt die Osterruhe ins Wasser und wir können unser Boot wie geplant ins Wasser lassen. Gründonnerstag fällt in diesem Jahr bezeichnenderweise auf den ersten April – April, April.

Wieder auf dem Wasser - fröstelnd aber glücklich

Wie sehen die Corona-Regeln für Seefahrende zu Saisonbeginn 2021 nun tatsächlich aus? Häfen werden in Deutschland politisch als Beherbergungsbetriebe eingestuft und Beherbergungen von Privatleuten sind derzeit halt generell verboten. Wir dürfen allerdings unser Boot vom Winterlagerplatz in unseren Heimathafen überführen und am dortigen Dauerliegeplatz sogar übernachten. Zum Glück haben wir wieder einen Gastliegeplatz in Flensburg für die Sommersaison bekommen. Alle anderen Häfen sind dagegen tabu. Daran wird gut erkennbar, dass Deutschland eben keine Seefahrernation ist. In solchen Ländern wie Holland, Dänemark oder Schweden wäre eine Regelung undenkbar, die verbietet von Hafen A zu Hafen B zu fahren. Dort werden Boote – vollkommen zu Recht – als Fortbewegungsmittel angesehen und nicht auf die Funktion einer „Schlafgelegenheit auf dem Wasser“ reduziert.

Abendstimmung am Heimathafen

An den ersten Wochenenden, an denen wir nun unterwegs sind, ankern wir daher in der Flensburger Förde und in der Schlei. Es sind noch nicht so viele Boote unterwegs, da es den meisten wohl an Zielen fehlt. Es fällt auf, dass wir nun fast bei jedem Törn von Tümmlern begleitet werden. Das ist auffallend anders als sonst und darüber freuen wir uns. Möglicherweise sind die Tiere im Moment weniger gestresst. Ein weiteres Highlight in diesem Zeitraum ist ein Tagesausflug nach Schleimünde. Natürlich ist noch alles geschlossen, der Fahrgastverkehr ist eingestellt und der Hafenmeister erlaubt unseren Besuch nur bis zum späten Nachmittag. Aber immerhin. Denn Schleimünde ist einfach ein zauberhafter Ort, der durch die Abwesenheit von Ausflugsgästen noch zusätzlich an Atmosphäre gewinnt.

Tagesausflug nach Schleimünde

Wann wird der Kiosk wieder öffnen?

Leere Hauptstraße in Schleimünde

Panorama ...

... mit Leuchtturm

Zu Beginn unserer Himmelfahrtssegelferien sehen die Regelungen so aus:

  •  Die deutschen Häfen sind weiterhin wegen des Beherbergungsverbotes generell geschlossen.
  •  Es gibt seit kurzer Zeit eine Tourismus-Modellregion Schlei/Eckernförde mit einer Beteiligung von wenigen Häfen (Schleimünde, Grauhöft, Lindaunis, Eckernförde), die man mit einem vorherigen, aktuellen Negativtest anlaufen und dort übernachten darf.
  •  Die Einreise nach Dänemark ist für Bewohner des Grenzlandes für 24 Stunden möglich, wenn ein vorheriger, aktueller Negativtest vorliegt. Ein längerer Aufenthalt bedeutet allerdings jeweils 10 Tage Quarantäne sowohl nach der Hin- als auch nach der Rückreise.

Wir haben die erste Nacht im Olpenitzer Noor in der Schlei geankert, wollen gerne nach Dänemark und dabei den guten Südwind ausnutzen. Dafür benötigen wir ja noch einen aktuellen Test und die nächstgelegene Corona-Teststation ist in Kappeln. Dort motoren wir nach dem Frühstück hin, legen vorübergehend an, gehen durch die gut besuchte Uferpromenade über die Schleibrücke zur Teststation am Ortseingang, lassen uns testen, bekommen negative Testergebnisse, gehen zurück über die Brücke und durch die gut besuchte Uferpromenade, kaufen dort noch schnell Fischbrötchen auf die Hand, essen dieses an Bord bis der Liegeplatzinhaber unerwartet früh zurückkommt, legen deshalb schnell ab und motoren endlich aus der Schlei hinaus. Diese Aktion hat über 3 Stunden gedauert und es war überdies die sonnigste Zeit des gesamten Urlaubs. Im normalen alten Leben hätten wir den Anker gelichtet und wären direkt aus der Schlei gefahren. Nebenbei hätten wir dadurch eine Menge Kontakte vermieden und etwas Diesel gespart. Auch im unnormalen neuen Leben gilt: Regeln sind Regeln, egal ob sie zielführend sind oder nicht.

Ansteuerung der Schlei im Abendlicht

Vor Anker in der Schlei

Teststation am Ortsrand von Kappeln

Immerhin, das Segeln nach Dänemark war dann tatsächlich prima und der Aufwand hat sich insofern gelohnt. Der Wind passte nach dem Verlassen der Schlei perfekt und wir waren flott unterwegs. Die Gewitter zogen zum Glück links und rechts vorbei und hatten für uns nur wenige Tropfen übrig.

Auch die Corona-Regeln entwickelten sich im Laufe unserer Himmelfahrtssegelferien günstig: 

  • Die Häfen in Schleswig-Holstein können nun vor Pfingsten wieder mit einem vorherigen aktuellen Negativtest angelaufen und in ihnen auch übernachtet werden. Für jeden neuen Hafen und spätestens nach jeweils 72 Stunden Aufenthalt muss dann immer wieder vorher ein neuer negativer Test her.
  • Die Tourismus-Modellregion Schlei/Eckernförde ist schon wieder Geschichte, da es nun eine entsprechend gleichwertige Regelung zur Beherbergung für ganz Schleswig-Holstein gibt.
  • Die Einreise nach Dänemark ist für Bewohner aus Schleswig-Holstein mit negativem Test nun uneingeschränkt lange möglich, wenn bei der Einreise ein vorheriger, aktueller Negativtest vorliegt. Auch bei längerem Aufenthalt gibt es keine zwingenden Quarantänepflichten bei der Hin- und Rückreise mehr wenn die Tests negativ ausfallen.

Wir konnten also die Zeit in Dänemark über die ursprünglich möglichen 24 Stunden hinaus ausdehnen und hatten dadurch einen fantastischen Segeltörn durch die dänische Südsee und zurück in die Flensburger Förde. Die besuchten Häfen in Marstal, auf Lyø und in Høruphav wurden noch von sehr wenigen Gästebooten besucht und strahlten dadurch ihren liebenswerten, ursprünglichen Charakter aus, der von den einheimischen Arbeits- und Fischerbooten geprägt wird. Auch in den Orten war es sehr beschaulich und es waren nur wenige Menschen unterwegs. Die einzigen weiteren Motorbetriebszeiten benötigten wir nur noch für die Hafenmanöver; beim Ablegen in Marstal nicht einmal das. Ansonsten erlaubte der Wind und die erwartete Drehung von südlichen zu nördlichen Richtungen ein prima Segeln von Hafen zu Hafen und insbesondere auch durch die engen Fahrwasser zwischen Marstal und Birkholm.

Marstal: Blick auf den Kalkofen

Marstal: Hafenansicht

Neues aus Marstal: die beste Bäckerei ist weg

Marstal: Abendstimmung am Hafen

Neues aus Lyø: Kälbchen sind da

Lyø: im Dorf

Lyø: der Inseltreff

Lyø: Abendstimmung am Hafen

Tee-Segeln mit lecker Tebirkes nach Pøls Rev

Abendstimmung am Strand bei Høruphav

Übrigens: keiner der ausgesprochen freundlichen dänischen Hafenmeister hat sich beim Abkassieren am Boot für unsere Kontaktdaten und unsere Corona-Tests interessiert. Es wäre wohl gegen die Hafenmeister-Ehre gegangen, mehr als die Bootslänge zu erfragen. Man darf gespannt sein, wie die deutschen Kollegen und Kolleginnen ab Pfingsten die ihnen zugedachten neuen Funktionen als Rezeptionisten und Rezeptionistinnen wahrnehmen werden. Wir hoffen, dass dieses mit ähnlicher Lockerheit und Freundlichkeit erfolgt.

Übrigens: Strenggenommen dürfte Schleimünde nach den neuen Regeln leider nicht mehr angelaufen werden, da es dort keine Teststation gibt, die man ja für das Anlaufen des nächsten Hafens bräuchte. Also hoffen wir auf die nächste Regelung …

Am Ende wird sicher alles gut, wenn wir nur aufeinander Rücksicht nehmen. Das ist ohnehin besser als jede noch so kluge Regelung.

Die aktuellen Regeln für Dänemark hin und zurück


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