Als
wir darüber nachdachten, das Schiff über den Winter in der Bretagne zu lassen,
hatten wir zunächst einige Bedenken: Bekommt man das überhaupt irgendwie
geregelt, so ohne Französisch-Kenntnisse? Und findet man einen Platz, wo das
Boot sicher steht und wo man mit gutem Gefühl nach Hause fährt?
In
Roscoff in der Nordbretagne verbrachten wir einige nette Tage. Der Hafen ist
groß und gut geschützt, sollte aber nur bei Slack angelaufen werden, da er nach
zwei Seiten offen ist und das Wasser bei dem gewaltigen Tidenhub für ordentlich
Strömung im Hafen sorgt. Einen Liegeplatz an einem Fingerpontoon anzufahren
wird dann extrem herausfordernd und das Hafenpersonal möchte ausdrücklich mit
dem Dinghi beim An- und Ablegen helfen, da es hier extrem oft knallt.
Die
Stadt ist sehr hübsch, mit vielen alten bretonischen Steinhäusern und es ist
die Stadt, die bekannt ist für großartige Zwiebeln. Die kaufen wir auf dem
tollen Markt und hängen uns ein Gebinde ins Schiff.
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Roscoff mit Fähranleger zur Ile de Batz |
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Zwiebeln am Marktstand |
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Zwiebeln am Haus |
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Typischer Baustil |
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Lange Anstehen am Markt für frisch gemachte Galette |
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Phare de Roscoff |
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Zwiebeln im Schiff |
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Ile de Batz gegenüber von Roscoff |
Neben uns legt ein Holländer an, und er hilft uns bei der Entscheidung, die
seit Cherbourg im Raum hängt: Segeln wir das Schiff zurück nach Holland und
kümmern uns dort intensiv um den Motor (Reginas Präferenz) oder geht es weiter
in die Südbretagne oder noch weiter (Bernds Präferenz)?
Der übrigens
sehr nette Holländer kommt aus Richtung Süden, und so nehmen wir an, dass er
zurück nach Holland segelt, aber nein, er möchte nur kurz nach Roscoff und dann
das Boot zurück in die Südbretagne segeln, weil er dort so ein gutes, günstiges
Winterlager kennt und außerdem die Franzosen viel netter seien als die
Holländer.
Am
nächsten Tag will er weiter segeln und wir sind nun doch neugierig, wo man das
Boot denn so toll lagern kann. Er schreibt uns die Kontaktdaten seines
Lieblings-Port-A-Sec in Cordemais in der Loire auf, zeigt uns ein paar Fotos
vom Traktorslip, erzählt, dass die Leute dort auch Englisch sprechen und sagt,
dass das einzige etwas Unangenehme wäre, dass man zu dem Platz, an dem die
Schiffe aus dem Wasser gezogen werden, nur etwa 3 Stunden um Hochwasser herum
hinfahren kann. Das finden wir etwas gruselig.
Dennoch
ist es eine erste Adresse für uns und wir entscheiden uns nach längerer
Diskussion für die Weiterfahrt. Irgendwie möchte ich (Regina) auch gerne mal
nach Brest, das hatten wir auf der letzten Tour auf Lücke gesetzt. Bernd
kennt es schon von einer vorherigen Segeltour. Dort kommen wir einige Tage
später an.
Der
Yachthafen in Brest ist groß und voller Gästeboote aus vielen Ländern. Es ist
einfach toll, sich mit anderen Seglern auszutauschen und sich für einen Abend
oder mehr auf ein Bierchen oder ein Glas Wein zu treffen, obwohl man sich kaum
kennt. Für mich sind diese Begegnungen ein Highlight und man hat sie definitiv
öfter als bei einem normalen Segelurlaub auf der Ostsee.
Wir
treffen Elly und Sylvester aus Köln mit ihrer Bavaria 44 „Boreas“ wieder, die
wir bereits aus Cherbourg kennen und essen Chips und trinken Wein. Sylvester
ist fest entschlossen trotz Orcas über die Biskaya zu segeln und es soll auch
gut gehen.
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Elly und Sylvester |
Brest
ist leider eigentlich keine schöne Stadt, da auch sie im 2. Weltkrieg fast
komplett zerstört wurde. Aber es gibt eine tolle Seilbahn und eine alte
Werfthalle, die zum riesigen Kulturzentrum umgebaut wurde und echt cool ist.
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Seilbahn Téléphérique de Brest über den Fluss Penfeld |
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Blick aus der Seilbahn: Trockendocks der Marine |
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Die Penfeld Richtung Hafen |
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Kulturstätte Capucines |
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Baum aus Stahl - vertrocknet nicht |
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Über dem Hafen von Brest |
Ein
paar Tage später in Loctudy treffen wir Roger mit seinen beiden Töchtern
Carlotta und Julie aus Berlin mit ihrem Boot „Kleine Hex“. Das Boot soll nach
einem mehrwöchigen Südbretagne-Urlaub wieder ins Winterlager nach Loctudy. Das
macht einen super Eindruck, ist aber leider voll. Kein Platz für uns.
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Die Crew der Kleinen Hex |
In
der Gegend von Loctudy machen wir eine lange Radtour entlang der Küste mit
unseren Bordrädern bis zum Fischereihafen Guilvinec und stellen fest, dass es
dort sehr schön ist, mit Stränden, die auf den Glenan-Inseln kaum schöner sein
können (Nein, auf den Glenan-Inseln waren wir nicht, da ist es bei Springzeit
leider so flach …).
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Auf Fahrradtour bei Loctudy |
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entlang der Küste ... |
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... zum Fischerhafen Guilvinec |
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Traumstrand Les Sables Blanc bei Lesconil - kitschig schön |
Auf
der Ile de Groix lernen wir Myrna und Leo aus Middelfart (also Dänemark) mit
ihrer Bavaria 37 „Laguna“ kennen. Sie freuen sich genau so sehr wie wir
jemanden zu treffen der Lust hat, mit ihnen auf Englisch zu schnacken. In
Frankreich ist das manchmal nicht so leicht. Sie wollen ihr Boot auch im Winter
in der Südbretagne liegen lassen und haben sich für ein Winterlager in der
Vilaine entschieden. Allerdings erzählen sie, dass die Schleuse in die Vilaine
hinein zurzeit nur sehr selten bedient wird, damit das wertvolle Süßwasser aus
der Vilaine nicht so sehr mit Salzwasser verschmutzt wird.
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Myrna und Leo |
Es
ist schon tragisch, ein Sommer in dem es soo wenig regnet. Vielerorts ist die
Vegetation einfach verbrannt und die Bäume verlieren schon ihre Blätter. Man
sieht, dass es hier sonst deutlich feuchter ist, da es viele unterdessen
vertrocknete Flechten an den Bäumen gibt. Heideblüte auf den Inseln? Leider
meist Fehlanzeige, selbst dieses anspruchslose Kraut ist verbrannt. Boote
waschen ist in Frankreich seit Wochen wegen Trinkwassermangel verboten.
Diese
Trockenheit führt jedenfalls an diesem Tag dazu, dass wir uns für den
Port-A-Sec in Cordemais entscheiden, denn da gibt es keine Schleuse und die
Tide in der Loire funktioniert (noch) einwandfrei. Unterstützend kommt
zeitgleich eine Empfehlung von unserem Freund Jochen aus Ritterhude für genau
diesen Port-A-Sec. Er kennt auch jemanden, der dort seit Jahren liegt und der
sagt, wenn man einen Tag eher dorthin fährt, taucht der Kiel halt in den
weichen Modder. Wir sind gespannt….
Die
schönste Stadt auf dieser Reise ist eindeutig Vannes, daher muss hier noch ein
bisschen dazu geschrieben werden. Um dorthin zu gelangen muss man durch das
Morbihan, ein Gewirr aus kleinen Inselchen mit einem kleinen Zufluss, so
ähnlich wie in den schwedischen Schären, nur im Hauptfahrwasser mit einem
aufregenden Tidenstrom. Am Ende des Hauptfahrwassers liegt die Stadt Vannes,
der Hafen ist ein schmaler Schlauch mit mehreren Brückchen, und man kann nur 2
Stunden vor- bis 2 Stunden nach Hochwasser dorthin, weil sonst nicht genug
Wasser im Hafen steht.
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Brückendurchfahrt in den Hafenkanal nach Vannes |
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Der Hafenkanal nach Vannes |
Die
Stadt ist richtig schön mittelalterlich mit Stadtmauer und so, trotzdem sehr
belebt und voller junger Leute. Es gibt dort eine gute Pizzeria, wo wir Pizza
mit Cidre zu uns nehmen. Seit Cherbourg lieben wir Cidre zu Gallettes oder
Pizza! In Vannes sehen wir ein Winterlager, in dem die Boote ziemlich
unvertrauenswürdig aufgebockt sind. Da hatte Bernd auch angefragt und (zum Glück)
nur eine blöde Antwort bekommen.
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Stadttor direkt am Hafen |
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Markttag in der historischen Innenstadt |
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Das Schloss |
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ein weiteres Stadttor |
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Hotel de Ville
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Winterlager auf Holzstämmen - nichts für uns |
Auf
der Belle Ile, die wir anschließend anliefen, trafen wir Stephanie und Fabien
mit ihrer Westerly 29 „Sundowner“. Sie waren die einzigen französischen Segler
die Lust hatten mit uns Englisch zu schnacken. Sie lagen neben uns und fragten,
ob wir selbst gefangene Makrelen von ihnen haben wollten und so kam es zu einem
gemeinsamen Abendessen mit gebackenen Makrelen und Kartoffeln von uns.
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deux maquereaux |
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Stéphanie et Fabien ... |
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von der Sundowner |
Am
nächsten Abend gab es einen „Sundowner“ auf Marretje. Die beiden hatten uns erzählt,
dass es mit der „Sundowner“, die sie einem englischen Pärchen abgekauft hatten,
in Frankreich manchmal lustig ist, da die Franzosen den Begriff „Sundowner“
nicht kennen. Die „Sundowner“ hat ihren festen Liegeplatz auch in der Vilaine
und die beiden erzählten, dass man zurzeit nur für einen mindestens 3-wöchigen
Urlaub ausgeschleust wird.
Unsere
Freunde Christiane und Jochen mit ihrer „Socorro“ aus der Nähe von Bad Segeberg
hatten wir schon 2017 in Boulogne-sur-Mer kennengelernt. Sie waren schon länger
in der Gegend weiter ostwärts unterwegs und schlugen nun ein Treffen auf der
Ile de Yeu vor. Auch dieses Wiedersehen wurde richtig nett!
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Christiane, Jochen und wir |
Sie
lassen ihr Boot auch im Winter in der Südbretagne. Und zwar in der Vilaine. Als
ich auf der Ile de Yeu den Steg entlangging, glaubte ich zufällig in einem
Gespräch zwischen zwei Engländern das Wort „Cordemais“ zu hören und es ist
Jochen von der Socorro zu verdanken, dass wir dort die Engländer Penny und Neil
mit ihrer Rustler 36 kennenlernten, die tatsächlich auch das Winterlager in
Cordemais gebucht hatten und genauso aufgeregt waren dorthin zu fahren wie wir.
Wirft man einen Blick auf die Seekarte, versteht man warum:
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Anleger in der Bras de Cordemais - alles im grünen Bereich |
Die
„Bras de Cordemais“, in der sich der kleine Hafen befindet, fällt vollständig
trocken und in der Seekarte befinden sich keinerlei Tiefen- bzw. Höhenangaben,
es ist einfach nur alles grün! Sie sollten aber eine Woche vor uns aus dem
Wasser gehen und die Lage peilen.
Auf
der Ile de Noirmoutier trafen wir die beiden erneut und auch das war sehr nett!
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Penny und Neil von der Flying Cloud |
Auch
längst in einem Blogbeitrag erwähnen wollten wir Rolf und Wolf, die wir in
Cherbourg mit ihrer großartigen orangenen „Boaty McBoatface“, einer Koopmans vom Typ Concord 47, kennengelernt hatten. Unsere Marretje, eine Breehorn 37, ist ja auch
ein Koopmans–Entwurf. Mit den beiden, die auf richtig großer Fahrt unterwegs
sind, hatten wir ebenfalls zwei sehr unterhaltsame Abende. Gerne wären wir noch einige Etappen mit ihnen zusammen weitergesegelt. Nur unsere damaligen Motorprobleme hatten es leider verhindert. Sie sind inzwischen in Portugal an der Algarve.
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Rolf und Wolf |
Es
ist also einfach wie es ist: Ohne all die tollen Weggefährten würde diese Reise
nur halb so viel Spaß machen!
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